Die Crowd im Zug

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Langsam, langsam, schleicht die Großstadt aus dem Blick. Die Frequenz der vorbeigleitenden Haltestellen wird weniger, das Grau gleitet langsam in ein dumpfes Grün. Eine Zugreise ist per se schon etwas Entschleunigendes. Locomore setzt dem bewussten und langsamen Reisen noch einen drauf. Seit Dezember verkehrt der knallorange Zug aus upgecycleten Bahnwaggons aus den 1980er Jahren mit Ökostrom zwischen Stuttgart und Berlin und bringt die Wahlberliner zu Silvester sicher nach Hause. Wo der ICE mit Schnelligkeit, Steckdosen am Platz und Dauer-WLAN lockt, punktet Locomore mit fairem Bio-Essen, Neumarkter Lammsbräu und Themen-Abteilen, in denen man die Reise mit Gleichgesinnten verbringen kann. Wie wäre es beispielsweise mit einer entspannten Strickrunde an Bord? Oder mit Literatur oder englischsprachiger Konversation? Im Business-Ticket gibt es mehr Platz zum arbeiten, ein Komfortkissen, Tageszeitungen, sowie Snacks und Drinks inklusive. Geschäftsführer Derek Ladewig gründete Locomore bereits 2007 mit dem Ziel, eine Alternative zur Deutschen Bahn auf die Schienen zu bringen. Es ist eine kleine David-Goliath-Geschichte. Aber eine romantische. 1300 Menschen haben per Crowdfunding 600.000 Euro investiert, weil sie an den kleinen, quietschorangenen Herausforderer glauben. Die Ticketpreise sind fair und liegen unter den vergleichbaren DB-Angeboten. Drei Monate lang müssen die 500 Plätze zur Hälfte belegt werden, dann lohnt auch die Expansion nach Rügen, München, Köln. Ein Eisenbahner-Weihnachtsmärchen, von dem wir glauben irgendwann sagen zu können: Und da sie nicht gestorben sind, fahren sie noch heute.
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Kategorien: Projekte | Autor: | Datum: 28. Dezember 2016 | Tags: , , , , Keine Kommentare