Das 2 Minuten-Interview

Abdulkhaleq Abboud sagt eigentlich niemand. Seine Freunde, Bekannte und so ziemlich alle, die ihn kennen, rufen ihn nur Abboudi. Abboudi Abboud (so viel Zeit muss sein) kommt aus einer kleinen Stadt namens Banias an der syrischen Küste. Vor etwa sechs Jahren beschloss er, dass es an der Zeit war zu reisen und eine neue Kultur kennenzulernen. Er kam nach Deutschland und absolvierte an der TU Berlin sein Masterstudium im Fachbereich Elektrotechnik. Dann brach der Krieg über sein Heimatland hinein, eine Rückkehr wurde unmöglich. Statt in seinem Beruf als Ingenieur für Glasfasertechnologie zu arbeiten, entschied sich Abboudi dafür als Sozialbetreuer geflüchteten Menschen in einer Notunterkunft in Berlin zu helfen und als Übersetzer Brücken zwischen den Kulturen zu schlagen. Seit nunmehr zwei Jahren steht er quasi als Bindeglied zwischen den Welten, unterstützt bei Bürokratie-Akten und hilft dem Projekt Yadan Biad dabei, Patenschaften zwischen Geflüchteten und Berlinern zu vermitteln.

Name: Abboudi Abboud
Alter: 32
Wohnort: Berlin
Beruf: Ingenieur für Elektrotechnik
Schuhgröße: 42,5
Lieblingsort: Mittelmeerraum
Kontakt: abboudi.berlin@gmail.com

Die ganze Welt hört dir zu, was sagst du? Leute, wir müssen uns mehr zuhören. Ignoranz und Egoismus haben uns kaputt gemacht.

Was braucht man, um sich an einem fremden Ort wohl zu fühlen? Die Fähigkeit, sich auf neue Erfahrungen einzulassen, eine gewisse Lockerheit, viel Geduld und Neugier. Aber auch freundliche Menschen, die die Initiative ergreifen und keine Angst haben vor dem Fremden. Auf jeden Fall spielt auch die Sprache eine wichtige Rolle.

Wohin entwickelt sich die Menschheit? Sind wir auf einem guten Weg? Das ist eine schwere Frage, aber ich glaube nicht, dass wir noch auf einem guten Weg sind. Meiner Meinung nach fehlt der Kontakt zwischen den Menschen und es herrscht Angst. Wir müssen wieder näher zueinander finden.

Welcher Moment hat alles verändert und warum? Das war der Moment als ich beschlossen habe nach Deutschland zu kommen, um mich weiterzuentwickeln und eine neue Kultur kennenzulernen. Die ganze Familie und einige Freunden haben mich damals zum Flughafen von Damaskus begleitet. Zum ersten Mal fühlte es sich so an, als würde ich etwas verlieren. Aber mein Ziel war klar, ich wollte ein neues Land entdecken und meinen Horizont erweitern. Bis 2015 sollte ich meine Familie nicht wiedersehen.

Wie gelingt Integration? Dafür gibt es keine Formel. Integration heißt nicht, dass ich meine Identität löschen und sie mit einer neuen ersetzten muss. Ich muss erst meine Identität verstehen, um eine neue gewinnen zu können.

Was kann jeder von uns sofort dafür tun? Wir müssen verstehen, dass die Integration ein gegenseitiger Prozess ist. Weniger Angst haben und mehr Zivilcourage zeigen. Bitte weniger Vorurteile!!!

Bitte ergänzen: Für einen Tag wäre ich gerne einmal… wieder ein 8-jähriges Kind.

Schließ die Augen und denk an etwas Schönes. Woran denkst du? Ich denke an einen Tag am Strand in meiner Heimatstadt „Banias“. Wir haben gerade im Sand Fußball gespielt.

Glaubst du an Schicksal? Nein, Schicksal ist langweilig. Ich glaube an Zufall, und dass unser Leben eine wunderbare Mischung von unterschiedlichen Zufällen ist.

Gäbe es keinen Krieg, würdest du nach Syrien zurückkehren? Ich weiß es nicht genau – aber am Ende würde ich auf jeden Fall nach Syrien zurückkehren. Ich glaube, dass ich am liebsten eine Brücke zwischen Deutschland und meiner Heimat bauen würde. Die beiden Länder sind jetzt in meinem Herzen.

Wenn wir dich zuhause besuchen, was würdest du für uns kochen? Aubergine mit Zwiebeln und Tomaten, „Mottabakk“ und dazu Bulgur mit Linsen.

Wovor hast du Angst? Vor Insekten, Egoismus, Missverständnis und der Zukunft.

Was würdest du ändern, wenn du die Macht dazu hättest? Der Frieden ist die Frucht der Gerechtigkeit, deshalb würde ich versuchen für Gerechtigkeit in meinem Land zu sorgen.

Was sollte niemand von dir wissen? Das sage ich nur meiner Freundin.

Welche Frage hätten wir dir stellen sollen? Entspricht Deutschland deinen Vorstellungen?

Das letzte Wort: Some dance to remember and some dance to forget.

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