Innenansicht

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Überfüllte Boote, vollgepfercht mit Frauen, Männern, Kindern, die auf dem Mittelmeer treiben. Ströme von Familien, bepackt mit einem Minimum an Hab und Gut, die über Land marschieren. Aus allen Nähten platzende Notunterkünfte ohne Privatsphäre. Bilder, die uns täglich auf allen Kanälen begegnen. Sie sind wichtig, um das Ausmaß und die Tragik der Flüchtlingskrise zu erkennen. So emotional aufwühlend derartige Bilder sind, so dokumentarisch sind sie auch. Sie entstehen allesamt aus dem beobachtenden Blickwinkel des Fotografen oder der Journalistin. Doch jeder Mensch, der sich aufmacht, sein Land zu verlassen, um woanders eine bessere Zukunft zu finden, hat seine eigene Geschichte und seinen eigenen Blick auf diese Reise. Der Hamburger Fotograf Kevin McElvaney verteilte im Dezember 2015 fünfzehn Einwegkameras an Flüchtlinge in Izmir, Lesbos, Athen und Idomeni. Die Hälfte der Kameras sind voller persönlicher Aufnahmen zurückgekommen und liefern ein einzigartiges Dokument aus dem Inneren der Flucht. Sie erzählen Geschichten von Entbehrung und Gefahr. Aber auch Porträts lachender Kinder sind dabei, Schnappschüsse von Familien, unprätentiöse Beobachtungen von Alltag, Versuche von Normalität. Und dabei gleichzeitig Momentaufnahmen aus einem Parallelleben, die ihre Tragik oft erst auf den zweiten Blick enthüllen. In der Gruppenausstellung #RefugeeCameras, die am 11. und 12. Juni in den Berliner Spreewerkstätten stattfindet, werden diese Fotos erstmals in einer Ausstellung gezeigt. Flankiert werden die ethnographischen Aufnahmen von Bildern etablierter Foto- und Videografen wie Sinawi Medine. Der eritreische Fotograf kam selbst über die Mittelmeerroute nach Europa und dokumentierte die Arbeit der zivilgesellschaftlichen Organisation SOS MEDITERRANEE, die seit Februar über tausend Menschen bei ihren Rettungseinsätzen aus dem Meer holen konnte. Alle Einnahmen aus der Ausstellung gehen an den unermüdlichen Verein. Die Vernissage findet am Freitag, den 10. Juni ab 18 Uhr statt. Hingehen!
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#RefugeeCameras | Spreewerkstätten, Am Krögel 2, 10179 Berlin | 11. und 12.6., 12-18 Uhr | Vernissage: 10.6. um 18 Uhr | Facebook

Kategorien: Erlebnisse | Autor: | Datum: 08. Juni 2016 | Tags: , , , Keine Kommentare

Conny Schulze

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Conny Schulze

Das 2 Minuten Interview

Conny Schulze ist TV-Journalistin, Autorin und betreibt seit einem Jahr zusammen mit ihrem Mann Thomas das May am Ufer in Neukölln. Dort steht sie bis spät nachts hinter der Theke, schmeißt den Laden und denkt sich nebenbei spannende Projekte aus. Ihr neuester Streich heißt Social Cuisine, ein Startup, das sich mit der Integration von geflüchteten Menschen beschäftigt und ihnen hilft, eine wirtschaftliche Grundlage für ihren Neuanfang in Deutschland aufzubauen. Finden wir gut. Am Samstag veranstaltet sie pünktlich zum Weltflüchtlingstag ein Kochevent mit Tajuddin Shaikh, einem großartigen Koch der Mughal-Cuisine. Wie man das alles genau ausspricht wissen wir nicht, dass es verdammt lecker wird aber schon. Prädikat: hingehen!

 

Name: Conny Schulze
Alter: 52
Wohnort: Berlin
Beruf: Journalistin und Inhaberin May am Ufer
Schuhgröße: 38
Lieblingsrezept: Linguine mit grünen Bohnen o. Kartoffeln und frisch gemachtem Pesto
Kontakt: hallo@may-am-ufer.de

 

Verrate uns einen magischen Ort!
Felsentor auf der Rigi am Vierwaldstättersee.

 

Woher kommst du?
Geboren in Bremen, aufgewachsen auf einem Binnenschiff. Die Liebe zum Wasser ist bis heute geblieben.

 

Hast du ein Vorbild?
Ich halte nicht soviel davon, ein Vorbild zu haben und dem dann nachzueifern. Gut ist, wenn Ideen anderer mich zu etwas Neuem inspirieren oder mir einen anderen Blick auf die Dinge ermöglichen. Grundsätzlich auch alle Leute, die gerne mal die Perspektive wechseln.

 

Welches Problem würdest du gerne lösen?
Die soziale Ungleichheit. Aktuell nervt mich die Flüchtlingspolitik in Deutschland und Europa. Die allgemeine Überforderung mit dem Thema und die Trägheit vieler Leute, etwas dagegen zu unternehmen. Jeder kann etwas tun und dazu beitragen, den einen das Leben in einem fremden Land leichter zu machen und den anderen die Angst vor dem/den Fremden zu nehmen.

 

Wovon kannst du nicht genug bekommen?
Inspiration.

 

Du hast eine Sünde frei, welche verbotene Sache würdest du machen?
In Berlin, wo sowieso alle bei Rot über die Ampel gehen, finde ich das Leben so an- und aufregend, dass ich gar nicht darüber nachdenke, mal etwas Verbotenes tun zu müssen. Wenn es aber irgendetwas zum Guten verändern könnte, würde ich versuchen, illegal an Informationen zu kommen und die dann in die Welt posaunen.

 

Woran merkst du, dass du erwachsen bist?
Dass ich mir heute weniger Gedanken darum mache, was morgen auf mich zukommt.

 

Welches Kunstwerk würdest du gern besitzen?
Das Wolkenbild von Till Warwas. Hängt als Leihgabe bei uns im Laden – noch …

 

Erzähle uns einen Witz!
Kommt ein Frosch im Rollstuhl in ein französisches Restaurant: „Na, schmeckt’s?“ (Ups!, Anm.d.Red.)

 

Mit welcher Persönlichkeit würdest gern einmal einen Kaffee trinken?
Ich würde Tee mit Paramahamsa Yogananda trinken, dem Verfasser der „Autobiografie eines Yogi“.

 

Wenn wir dich zuhause besuchen, was würdest du für uns kochen?
Mein Mann kocht.

 

Wovor hast du Angst?
Vor Gewalt.

 

Was hat dich zuletzt wirklich bewegt?
Das Schicksal einer Frau aus Äthiopien, die nach einer grauenvollen Odyssee in Deutschland angekommen ist und nun abgeschoben werden soll.

 

Welche Frage hätten wir dir stellen sollen?
Was kocht dein Mann, wenn Gäste kommen.

 

Das letzte Wort:
Om.

Kategorien: Leute | Autor: | Datum: 17. Juni 2015 | Tags: , , Keine Kommentare

Kein Mensch ist egal.

Kein Mensch ist egal.

Was sich vor den Küsten der Festung Europa abspielt ist an Tragödie, an Ungerechtigkeit und Traurigkeit nicht zu überbieten. Nirgends sonst wird das fragile Ungleichgewicht der Weltgemeinschaft so offensichtlich wie auf den Flüchtlingsrouten im Mittelmeer. Tausende fliehen jedes Jahr vor Armut, Hunger und Vertreibung, Unzählige verlieren dabei ihr Leben. Wenn die Opferzahl wie zuletzt ein berichtenswertes Maß erreicht, ist der Aufschrei laut und kurz. Selten entstehen daraus Lösungen. Kein Mensch ist egal. Niemand ist mehr oder weniger wert, weil er dies oder jenseits der Meere geboren wurde. Denn dabei geht es schichtweg um Glück. Als das Projekt CUCULA im letzten Jahr begann mit den Flüchtlingen am Oranienplatz in Dialog zu treten, anstatt laut und bestimmt Abzug oder Bleiberecht zu fordern, war das nicht nur ein Schritt in die richtige Richtung, sondern vor allem eine konstruktive, da lösungsorientierte Idee. CUCULA ist ein Modellprojekt, das fünf Flüchtlingen hilft, sich selbst eine Zukunft aufzubauen. Durch die Produktion von Design-Möbeln, in das sie Wegzeichen ihrer Reise über das Mittelmeer wie etwa Holz aus gestrandeten Schiffswracks integrieren, verleihen sie ihrer eigenen Geschichte und der Vision einer selbstbestimmten Zukunft Ausdruck. Durch den Verkauf der Möbel werden Ausbildungsstipendien finanziert, die den Weg zu einer dauerhaften Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung ebnen. So funktioniert Integration. Flüchtlinge Willkommen heißt ein weiteres Projekt, das sich um pragmatische und zielführende Lösungen bemüht. Während sich Bund und Länder munter über die Verteilung der Unterbringungskosten für Asyl suchende Menschen streiten und mancherorts fanatische Kriminelle Heime in Brand stecken, vermittelt das Berliner Projekt kurzerhand Flüchtlinge an WG’s und Wohnungen in der Stadt. Jeder der Platz hat kann sich beteiligen und einen oder mehrere Menschen für eine Zeit bei sich aufnehmen. ‚Flüchtlinge willkommen‘ stellen den Kontakt für euch her, übernehmen die Abwicklung und helfen euch sogar dabei die „ausgefallene“ Miete zu refinanzieren. Überdentellerrand  veranstalten kulinarische Zusammenkünfte zwischen Menschen verschiedener Herkunft. Afghanische Nacht, nigerianischer Kochkurs, im kulinarischen Dialog kommen sich Menschen und Kulturen näher und befreien sich gegenseitig von Stigmata. Vorsprung durch Nähe, denn Unkenntnis führt nicht selten zu Intoleranz! Geht raus und aufeinander zu. Lernt euch kennen, engagiert euch und macht die Welt zu einem besseren Ort! Es sind kleine Projekte und Initiativen, aber es gibt sie und noch viele weitere. Sie alle haben eines gemein: sie schaffen Lösungen und setzen etwas in Bewegung. Uns!
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Cucula | cucula.org | Flüchtlinge Willkommen | fluechtlinge-willkommen.de | Über den Tellerrand | ueberdentellerrand.org | Credit: Andreas Chudowski

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