Sebastian Szary

 

Sebastian Szary

Das 2 Minuten- Interview

Sebastian Szary ist ein Drittel Moderat und eine Hälfte Modeselektor. Das ist keine mathematische Unmöglichkeit, sondern die reine, pure, unvernünftige Wahrheit. Made, born, raised in Rüdersdorf und Berlin-Ost macht Szary, wie ihn Freunde (und alle anderen eigentlich auch) liebevoll beim Nachnamen rufen, gemeinsam mit Kompagnon Gernot zunächst das wilde Nachtleben der 90er-Hauptstadt unsicher, bevor es für das gemeinsame Projekt Modeselektor später auf die Bühnen der Republik, ach was, der ganzen weiten Welt geht. Mit Sascha Ring alias Apparat formten sie 2002 obendrein Moderat – Modeselektor plus Apparat gleich Moderat, verstehste ne!?, wobei wir wieder irgendwie bei Mathe wären. Am Freitag erscheint nun endlich das dritte Moderat Studioalbum mit dem formschönen Titel „III“. Wir haben uns mit Szary alias dem Mann in Blau über Kindheit, Magie, Blackouts, Synästhesie, sein neues Buch und natürlich Musik unterhalten und wollten gar nicht mehr weg. In weiteren Rollen: Gernot Bronsert aka die Stimme aus dem Off, Sascha Ring alias „der Selfiebomber“.

 

Name: Szary
Alter: 40
Wohnort: Schildow
Beruf: Traumjobinhaber
Schuhgröße: 43,5
Lieblingsgeräusch: Milchaufschäumer
Kontakt: moderat.fm

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Warum nennen dich eigentlich alle beim Nachnamen?
Tja, ick globe dit is janz einfach. Die meisten Nachnamen, die auf „i“ oder wie in meinem Fall auf „y“ enden, hören sich gleich an wie Spitznamen. Hat mich früher total geärgert aber irgendwann dachte ich, es ist eigentlich okay. Ist doch ein cooler Name. Die Amis können es übrigens gar nicht aussprechen, Charly, Scary… wird nüscht.

 

Beschreibe ||| in drei Worten:
Sehr intensive Platte.

 

Wie hat sich Moderat in den letzten 14 Jahren verändert?
Ist das schon wieder vierzehn Jahre her? Unser Anspruch ist höher, wir haben uns weiter entwickelt. Wir machen viele Sachen noch genau wie früher aber wir sind besser geworden in dem was wir tun und wissen vor allem was wir nicht wollen.

 

Ein Konzert, das du nie vergisst:
Wirklich einschneidend war ein Konzert vor zwei Jahren. Es gibt ja immer diese Urangst bei elektronischer Musik, dass irgendetwas mit der Technik nicht funktioniert, Stromausfall, Kabel usw. Wir haben auf dem Montreux Jazz Festival gespielt, überall Hightech, fünf Kameras. Wir spielen Bad Kingdom, die Introsequenz läuft und dann warten alle auf den Schrei. Und dann kam auch der Schrei, danach aber nicht mehr der Rest. Und dann stehste da und guckst in lauter erwartungsfrohe Gesichter und aufgerissene Augen. Und es ging nichts mehr. Eine Mischung aus Peinlichkeit, Ohnmacht, ich hab hinter der Bühne erstmal eine geraucht und gedacht, die werden mich schon rufen. Eine halbe Stunde hat es gedauert. Danach war es umso schöner.

 

Machst du bessere Musik, wenn du gut drauf oder traurig bist?
Ich glaube ich muss schon gut drauf sein. Ich kann aber wenn ich gut drauf bin auch traurige Musik machen, so is nich.

 

Dein Song/Track für die Ewigkeit?
Ein Song, den ich absolut mag, obwohl ich nicht damit groß geworden bin, ist ‚Til I Die‘ von den Beach Boys, aber in der Alternate Version.

 

Verrate uns einen magischen Ort!
Wir haben uns vor Jahren für ganz, ich betone ganz wenig Geld eine Scheune in der Prignitz gekauft und quasi als Hippie Community eingerichtet. Das ist wirklich mein Ort der Sehnsucht. Die Prignitz ist die Bretagne Brandenburgs. Wenn man sich Brandenburg als Frankreich vorstellt, ist oben der Zipfel die Prignitz. Da ist nix los, da geht kein Internet, da merkste den Wochentag nicht, außer: der Bus fährt oder eben nicht.

 

Welcher Moment hat alles verändert?
1989. Ich war im perfekten Alter. Ich war vierzehn und ich war total musikinteressiert und wusste nicht wie ich da herankomme. Dann ging die Grenze auf und alles war verfügbar. Berlin, die Subkultur, die nach der Wende entstand. Der wilde Osten! Und dann kam Scooter.

 

Wem würdest du gern ein Denkmal setzen?
Meiner Mutter. Ein ganz kleines und nicht für jeden zugänglich. Hab ich übrigens schon gemacht. Auf dem neuen Album gibt es eine kleine Widmung.

 

Im Zweifel, stumm oder taub?
Dann lieber stumm. Stört’s euch wenn ich rauche?

 

Die wichtigste Erfindung der Menschheit?
Ick globe elektrischer Strom. Ich habe es tatsächlich schonmal ohne versucht, draußen auf der Ranch, aber bin gescheitert. Strom verbindet. Ich habe gestern ein Bild gesehen aus einem Flüchtlingslager, darauf waren lauter verknäulte Handy-Kabel zu sehen. Da geht es ja nicht um Daddelei sondern um Verbindung, darum mit den Menschen, die einem wichtig sind, verbunden zu bleiben.

 

Ein Buch, ein Film, eine Platte, die jeder gelesen, gesehen und gehört haben sollte:
Buch: Werbung in eigener Sache. Ich habe ein Buch herausgebracht, es heißt Backstage Tristesse. Es ist ein Fotobuch, ich habe Backstage Räume fotografiert. Es gibt da nämlich diese traurigen Momente, wenn du die Tür aufmachst, den Blick schweifen lässt und denkst: hm, habta euch ja schön Mühe jejebn. ;) Film: Angst essen Seele auf von Fassbinder. Platte: So viele Platten, so viel Musik, ich gehe gerade innerlich meinen Plattenschrank durch, meine iTunes-Liste (ich bin Synästhetiker)… Die dritte Moderat Platte, so!

 

Mit welcher bekannten Persönlichkeit (tot oder lebendig) würdest du gern mal einen Trinken gehen?
Ich bin eben leider leidenschaftlicher Raucher, also Helmut Schmidt.

 

Wenn wir dich zuhause besuchen, was würdest du für uns kochen?
Ein persisches Gericht mit einem Hühnchen, das sehr lange in einem Granatapfelsud vor sich hin köchelt. Dazu Reis und Berberitzen.

 

Wovor hast du Angst?
Vor nüscht (Antwort von Gernot aus dem Off)!

 

Wann hast du zuletzt etwas Neues ausprobiert und was war das?
Neue Clubdeko (nochmal aus dem Off!)! Wir sind mal alle drei Fallschirm gesprungen. Du fliegst da hoch und die Tür geht auf, dann dieser freie Fall. Als wir unten ankamen waren wir noch völlig high aber meine Frau erzählte mir, dass ich in der Nacht danach völlig hektisch gezuckt und alles nochmal durchlebt habe. Ich werde das nicht noch einmal machen.

 

Was würdest du ändern, wenn du die Macht dazu hättest?
Gestrige Menschen mit gestrigen Ideen von Machtpositionen fern halten.

 

Was sollte niemand von dir wissen?
Alter ist ja bekannt… hm, warum ick mir einen Anker auf die Hand tätowieren lassen habe. Ich male mir übrigens manchmal auch einen Stereoanker mit Kuli daneben.

 

Welche Frage hätten wir dir stellen sollen?
Wie viel Kaffee trinkst du am Tag?

 

Das letzte Wort:
Hardchore will never die!

 

P.S. Darf ich mal von deiner Mitschrift ein Foto machen? Supergeil, das sieht so aus wie bei mir im Kopp!

 

Photo: Flavien Prioreau

Kategorien: Leute | Autor: | Datum: 30. März 2016 | Tags: , , , , , Keine Kommentare