Wenn man das Haus mit der Nummer 79 am anderen Ende der Kantstraße betritt, hält man kurz scheu inne. Irgendwo hätte man doch den Eintritt bezahlen müssen, denkt man bei sich, wähnt man sich doch in einer Art Galerie, mitten in einer Kunstinstallation oder einem architektonischen Designkonzept, der lebendigen Studie einer entrückten, poetisch künstlerischen Welt von morgen. Alles falsch. In dem kolossalen Altberliner Bau des massivherrschaftlichen Westens, samt steinerner Wendeltreppe und mehrgeschossigen Deckenhöhen, befindet sich der Arbeits- und Schauraum des großartigen kanadischen Design- und Interieur-Labels Bocci. Jeder Raum in diesem Haus ist so gut wie leer – ein Schreibtisch hier, ein Besucherstuhl da. In jedem Raum, jedem Zimmer, jedem Flur hängt eine einzig und allein für diesen Ort geschaffene Lampeninstallation. Jede von ihnen in unzähliger Handarbeit als Unikat zwischen Gegenstand und Kunstobjekt erschaffen. Sie erleuchten die Räume um sie nicht, sie schaffen diese erst. Kaleidoskopische Lichtexplosion, in verschiedenen Farben und organischen Formen. Bocci um das geniale Mastermind Homer arbeitet als Kooperative von Handwerkern, Architekten, Technikern und Designern an Lichtinstallationen, Möbeln und (weil es die sonst wirklich nur in hässlich gibt) Steckdosen. Nicht nur in Vancouver, sondern auch in Berlin tun sie das mit einem geschulten Auge für Fantastik. Eine ihrer zauberhaften Leuchten schmückt auch den Friends Space unserer Freunde von Freunden. Das Besondere an Bocci ist die grenzüberschreitende und interdisziplinäre Arbeit. Ihre Objekte entstehen aus einer intensiven Auseinandersetzung mit Zeitgeist, Mechanik, Materialkunde und Kultur. Daraus entsteht in jeder Umgebung eine ganze Welt.
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Bocci | Preis auf Anfrage | www.bocci.ca | Foto Credit: Johannes Schoen (Bocci)