MMW_Erwin_Wurm

Bitte nehmen Sie jetzt eine unvorteilhafte Position ein und setzen sich bitte den vor ihn stehenden Stuhl auf den Kopf. Achten Sie dabei auf Folgendes… Halten Sie die Pose für exakt eine Minute. Der österreichische Künstler Erwin Wurm lotet die Grenzen zwischen Skulptur, Objekt und Performance aus. Erstmals sind seine Arbeiten gerade in einer monografischen Ausstellung in Berlin zu sehen. Im Mittelpunkt steht der menschliche Körper und Wurms partizipatorischer Ansatz, den Betrachter zu einem Teil seines Kunstwerkes werden zu lassen. Ausgangspunkt ist das Narrow House, ein detailgetreuer, begehbarer Nachbau von Wurms Elternhaus, gestaucht auf die Breite von 1,10 Meter. Die Enge der Provinz wird so sprichwörtlich für den Besucher physisch erfahrbar. Dazu gibt es zahlreiche Zeichnungen, nachgebildete verbeulte Kühlschränke, riesige deformierte Telefone und eingeknickte Sideboards. Absolutes Highlight der Schau jedoch sind die One Minute Sculptures. Mithilfe alltäglicher Objekte soll der Besucher ungewöhnliche Posen einnehmen. Siehe oben. Folgt er den Handlungsanweisungen des Künstlers, wird er für eine Minute selbst zur lebenden Skulptur und jeder, der den Raum nachfolgend betritt, wird Zeuge. Heißt auch, die Ausstellung wechselt ständig ihr Gesicht. Oder doch nicht? Verschlucken die Posen den Darsteller, werden wir also selbst assimiliert und so Teil des großen Ganzen? Die Ausstellung läuft noch bis zum 22. August und wir empfehlen jeder und jedem von euch: Geht da hin. Macht da mit. Tut es wieder.
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Erwin Wurm – Bei Mutti | 15.04.–22.08.2016 | Berlinische Galerie, Alte Jakobstraße 124–128, 10969 Berlin | berlinischegalerie.de/erwin-wurm