Sie sind eine Art Geister oder Dämonen, nicht Engel oder Teufel, nach islamischer Vorstellung aus rauchlosem Feuer erschaffen und seit jeher unter uns. Wir kennen sie vielleicht als Dschinn oder Flaschengeist, Fatma Aydemir nennt sie einfach Dschinns. Die unsichtbaren Wesen geben den Titel ihres neuen Romans, der sich in einer Wohnung in Istanbul abspielt. Die war schließlich der lange gehegte Traum von Hüseyin, der in den 80er Jahren mit seiner kurdischen Familie nach Deutschland immigrierte und über dreißig Jahre aus der Ferne auf die Eigentumswohnung hinarbeitete. Den Einzug bekommt er nicht mehr mit. Herzinfarkt. Dafür reist seine Familie zu Hüseyins Sehnsuchtsort. Sechs grundverschiedene Menschen, die in einer ungewohnten Umgebung und mit ungebremsten Gefühlen aufeinanderprallen. Was bedeutet das Gebilde Familie noch? Wie wirken sich unausgesprochenen Wahrheiten und Konflikte mit der Mehrheitsgesellschaft auf das Leben der Protagonist*innen aus? Beschwören sie wirklich Geister hervor? Aydemir lässt jede dieser sechs Personen ein Kapitel in dem Buch erzählen. So kraftvoll, dass man sich dem Familienroman kaum entziehen kann. Keine Spukgeschichte, aber mindestens genauso packend.
_____
Dschinns | 24 € | hanser-literaturverlage.de/dschinns | FOTO: Hanser Verlag