Lebensgroß

Anton Corbijn schafft Ikonen. Als Haus- und Hoffotograf von Bands wie U2 oder Depeche Mode schuf er überlebensgroße Heldengestalten in betörendem Braunschwarzweiß. Irgendwie hat der stille Niederländer ein Faible für diese von Blitzlicht und Schatten gezeichneten Figuren, nicht nur fotografisch, auch mit der Bewegtbildkamera nähert er sich immer wieder still und leise dem Kleinen im Leben der Großen. Dem traurigen Leben des Joy Division Sängers Ian Curtis beispielsweise schuf er ein filmisches Denkmal, das wie der Schlussakt im Schaffen des Sängers wirkt, der sich vor so langer Zeit selbst das Leben nahm. In seinem neusten Streifen wendet sich Corbijn dem größten Posterboy aller Zeiten zu. Er erzählt die Geschichte des jungen Celebrity-Fotografen Dennis Stock, der den damals gerade zum Star gewordenen James Dean auf einer Reise in dessen Heimat fotografisch begleitet. Während des Trips entstehen die meisten Bilder, die den Ruhm des nur wenig später tödich verunglückten Schauspielers auf ewig manifestierten. Von Stock stammt auch die wohl berühmteste Aufnahme von James Dean im Regen New Yorks mit hochgeklapptem Mantelkragen. Corbijn erzählt also in bewegten Bildern von einer Ikone, die durch ikonische Bilder genau dazu wurde. Das ist so simpel wie genial. Das dramatische Geschehen wird dabei so sehr verengt, dass es sich bisweilen anfühlt, als würde man tatsächlich in Fotografien blättern anstatt 24 oder mehr Bilder pro Sekunde vor dem Auge vorbeifließen zu sehen. Nicht falsch verstehen, statisch ist anders. Corbijn hat die Bewegung entdeckt und lieben gelernt. Den Blick für Komposition und leise Inszenierung hat er ja sowieso. Prädikat: großartig.
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Kinofilm ‚LIFE‘ von Anton Corbijn | z.B. im Babylon oder den anderen Kinos der Yorck-Gruppe | Foto: Caitlin Cronenberg

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