Merken
„Wie stellst du dir deine Zukunft vor?“ Familienplanung? Der nächste Karriereschritt? Loslassen, freimachen, Weltreise? Und jetzt versuche die Frage noch einmal zu beantworten und dir dabei vorzustellen, du befändest dich nicht hier, sondern lebst in einem vom IS dominierten Teil des Irak? „Wie stellst du dir deine Zukunft vor?“ Der sozialkritische Fotograf Kevin McElvaney, der auch das großartige #RefugeeCameras Projekt zu verantworten hat, ging dieser Frage auf den Grund. Er ist in das von Jahrzehnten des Krieges gebutelte Land gereist, hat Menschen getroffen und sie zu ihrem Leben befragt. Was sie tun, welches die wichtigsten Momente ihrer Vergangenheit waren, was ihre momentane Situation ist. Zum Schluss bat er die interviewten Frauen und Männer, sich wortlos ihre Zukunft vorzustellen und dabei in einen Spiegel zu blicken, hinter dem sich eine Kamera befand. Als Zuschauende bleibt uns die Interpretation der Blicke. Da ist zum Beispiel die stolze Kunststudentin Hanna, die davon träumt, eine Superheldin zu sein. Der Optimist Rezheen, der schon sehr früh einen engen Freund verlor. Oder Massarra, die vor nichts und niemandem Angst zu haben scheint. Oder ist es am Ende doch ganz anders und jeder Blick nur Teil unserer ganz eigenen Interpretation? Sogar einen IS-Kämpfer konnte Kevin befragen. Am Eindrucksvollsten an den 12-minütigen Porträts ist der Moment der Kontemplation. Die Antworten auf die vorhergehenden Fragen lassen unzählige Bilder in diesen kraftvollen, stillen Minuten im Kopf explodieren. Der Psychologe Arthur Aron ist überzeugt, dass vier Minuten Augenkontakt grundlegend verändern, wie wir unser Gegenüber sehen. Kevins „Mirror Project“ ist der Beweis.
__
Kevin McElvaney: The Mirror Project | Trailer | Webseite | Foto: Sebastian Egert