Flucht ist vielfältig und niemals einfach zu greifen: Gewalt, Verfolgung, Armut und Folgen des Klimawandels zwingen Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen. Derzeit bringen sich weltweit rund 80 Millionen Menschen in Sicherheit. Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine sprechen wir im 2-Minuten-Interview mit Oliver Barth, der für Ärzte ohne Grenzen von Menschen berichtet, die nicht wissen was morgen kommt. Vor wenigen Wochen war er in Lwiw, verbrachte nach einem Luftalarm die Nacht im Keller und erlebte das schwerelose Gedankenkreisen hautnah mit. In unserem 2-Minuten-Interview berichtet er, wie irre wichtig eine neutrale Berichterstattung und das Verständnis füreinander sind.
Eine seriöse Spendenmöglichkeit, die wir euch ans Herz legen können: aerzte-ohne-grenzen.de

Name: Oliver Barth
Alter: 42
Wohnort: Berlin
Beruf: Redakteur bei Ärzte ohne Grenzen
Schuhgröße: 44
Lieblingsfilmzitat: „A long time ago in a galaxy far, far away…“ oder „May the force be with you!“
Kontakt: Oliver.Barth@Berlin.msf.org

Wie geht es dir? Mir geht es ziemlich gut. Ich mache mir aber auch selten Gedanken über unwichtige Dinge und versuche meine Umwelt so zu prägen, dass sie mir gefällt. Das erspart mit viel Kummer.

Beschreibe deinen Job in zwei Sätzen: Ich darf mit Menschen überall auf der Welt reden, sie fragen, wie es ihnen geht, was sie bewegt. Später darf ich dann wiederum anderen Menschen davon erzählen.

Beschreibe deine Arbeit vor Ort in der Ukraine in zwei Sätzen: Mein Kameramann und ich haben über einige unserer Projekte in der Ukraine und in angrenzenden Nachbarländern berichtet. Solche Eindrücke von vor Ort sind sehr wichtig für eine Organisation, die unabhängig und neutral arbeitet.

Was können wir (jede*r einzelne) aktuell für die Ukraine tun? Ich verstehe die Intention hinter der Frage sehr gut, darf ich sie dennoch erweitern? Die Frage müsste eigentlich lauten: Was können wir für alle Menschen in Not weltweit tun? Antwort: Spendet Geld an seriöse Organisationen. Sie wissen, was zu tun ist und haben unschätzbare Erfahrungen in Krisen und Kriegen.

Was treibt dich an? Als Kind hat mir meine Mum auf meinem Globus oft gezeigt, wo Kindern besonders wenig zu essen haben und wie schlecht es ihnen dort geht. Schon damals war mir klar, dass es für mich nur einen Weg geben kann, nämlich zu helfen. Heute darf ich dies tun, mit meinem Können und meinem Wissen. Es ist der beste Job der Welt.

Woraus schöpfst du Energie? Musik und Liebe, aber auch Trauer und Wut. Dazu noch Sport, Sonne, Essen. Und ganz besonders entwickle ich Energie zusammen mit kreativen respektvollen Menschen.

Wofür bist du dankbar? Es klingt so banal und abgegriffen, wenn ich das sage: Aber dankbar bin ich für meine Gesundheit. Das ist die Basis für alles. Ohne sie ist alles nichts.

Du begegnest deinem 18-jährigen Ich. Welchen Rat gibst du dir? Du, Oliver: Irgendwann kommt etwas auf, das nennt sich Amazon. Stecke all dein Geld in diese Aktien. Nein, im Ernst: Oliver, bleib bitte locker, alles wird gut. Du musst nicht jeden Quatsch mitmachen, klappt eh nicht.

Was kommt als nächstes? Siehe Frage oben zu Auslandsaufenthalt.

Was wäre eine Sache, die du uns beibringen könntest? Wir wäre es mit einem Kartentrick? Ich kann einen echt guten, der würde euch verblüffen. Der ist unglaublich gut. Schade, dass ich ihn hier nicht zeigen kann.

Was würdest du ändern, wenn du die Macht dazu hättest? Ich denke, ich würde für gerechtere Bildungschancen sorgen: Es darf nicht sein, dass über deine eigene Zukunft so sehr Dinge entscheiden, für die du nicht kannst. Und wenn ich dann noch dürfte, würde ich Menschen unterschiedlicher Realitäten in Kontakt bringen. Oft fehlt es uns an Verständnis für die Würde des anderen.

Wenn wir dich zu Hause besuchen, was würdest du für uns kochen? Wir müssten wohl etwas bestellen und ich lade euch ein. Vielleicht libanesisches Essen? Ich habe leider keine Küche und bevor ihr fragt: Ich habe sie noch nie vermisst.

Was sollte niemand von dir wissen? Eigentlich gibt es nichts, was ich ausschließlich für mich behalten muss: Jeder Mensch hat irgendwelche Macken und extrem peinliche Dinge zu erzählen oder? Erst neulich, im Supermarkt an der Kasse. Das war mir so unangenehm… obwohl, vielleicht doch nicht hier vor so vielen Leuten.

Welche Frage hätten wir dir stellen sollen? Wenn jemand so sehr seine Arbeit mag und fast alles dafür gibt: Wie lange machst du diesen Job noch?

Das letzte Wort: GIVE PEACE A CHANCE

FOTO: privat