La Grande BouffeSie sind in aller Munde: Das Hirsch-Tartar, der Räucheraal oder das royale Spiegelei von Tulus Lotrek. Und natürlich die Kreateure selbst. Erst im November öffnete das Speiselokal seine Türen in Kreuzkölln, und schon tritt es an, der Ära der nouvelle cuisine ein- für allemal ein lautes Au revoir hinterher zu schmettern. Subtil-vegetale Geschmacksneutralität ist hier nicht. Vielmehr ist stilvolle Völlerei die Ansage von Gastgeberin Ilona Scholl und Küchenchef Maximilian Strohe. Namensinspirator Henri de Toulouse-Lautrec hätte seine wahre Freude daran. Der Post-Impressionist ließ damals keine Party im Pigalle aus. Auch die bis zu zwölf Gläser Port, die der Bohémien täglich für seine innere und äußere Balance benötigte, animiert das Gastro-Duo in Berlin zu einer gewaltigen Weinauswahl. Und sie beweisen uns gekonnt: Manchmal muss man sich nicht zwischen Qualität und Quantität entscheiden. Das Versprechen »Wir sorgen schon heute für Ihren Kater von morgen« wird hier nicht mit wenigen Schlucken billigen Schnaps gehalten, sondern mit edlen Köstlichkeiten wie zum Beispiel einem 2006er Shiraz aus dem Barossa Valley. Der Tropfen ist geschwängert mit einem hauch von Tragik: Die Rebe leidet am »Dead-arm Disease«, bildet keine neuen Triebe aus und speichert daher alles an Sonne und Bodenschätzen in klitzekleinen Träubchen, was zu haben ist. Der Anti-Minimalismus zieht sich konsequent durch: So opulent wie die Gastronomie ist auch die üppige Tapete im gemütlichen Lokal. Ohne Angst vor falschem Benehmen dürfen wir hier auch mal genüsslich die Sauce vom Tellerrand lecken. Die Askese hat ein Ende. Und – ganz ehrlich – wir sind dankbar. |