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Lucia Jay von Seldeneck & Verena Eidel

Das 2 Minuten-Interview

Autorin Lucia und Fotografin Verena sind zwei echte Berliner Pflanzen oder so. Zumindest fühlen, leben und atmen sie die Stadt in vollen Zügen. Als Sprachrohr des Heimathafen Neukölln und als dynamisches Duo des ‚111 Orte, die man kennen muss‘-Imperiums, fassen sie in Wort, Bild und Erlebnis, was und wer so geht zwischen KW und Basdorf. In ihrem neuesten gemeinsamen Werk nämlich bringen sie uns die schönste Stadt der Welt durch die Augen, Ohren und Münder von 111 Berliner Originalen näher. Grund genug, die beiden mal selbst auf Herz, Nieren und Hauptstadtader zu testen und nebenbei höchst feierlich und mit großer Freude zwei druckfrische Exemplare von ‚111 Berliner, die man kennenlernen sollte‚ an die besonders Metropolverliebten unter euch zu verlosen. Schreibt eine Mail mit dem Betreff ‚MERKSTE SELBER, ODA?‘ an hurra@muxmaeuschenwild.de. Kann los jehn! Aber immer schön sachte, der Berliner lässt sich ja bekanntlich nich jerne drängeln.

 

Name: Lucia Jay von Seldeneck | Verena Eidel
Alter: 38 | 40
Wohnort: Berlin Kreuzberg | JWD
Beruf: Autorin/Pressesprecherin im Heimathafen Neukölln | Grafik/Fotografie
Schuhgröße: 40 | etwas zu groß
Lieblingsort in Berlin: Der Landwehrkanal – von der Geranien-Terrasse der Ankerklause bis zum Urbanhafen und weiter zum lauschigen Platz unter der Weide: Hier stimmt die Mischung. | mindestens 222
Kontakt: luciajay@googlemail.de | www.eidel.org

Der Berliner ist…
Lucia: Charmant, höflich, aufmerksam, zuvorkommend – und natürlich nie um eine Antwort verlegen: Also los geht’s!
Verena: an sich ein recht freundlicher Zeitgenosse, der gerne ein wenig schnodderig von der Seite angequatscht wird – dann erst kann er adäquat antworten.

 

Du hast Besuch von Freunden, die zum ersten und letzten Mal in der Stadt sind. Was macht ihr?
Lucia: Dahin gehen, wo Berlin sein wahres Gesicht zeigt: Zuerst eine Busfahrt (Busfahrer: „Bitte aus der Lichtschranke treten. Ick hab Zeit. Ihr nich.“ ) Dann ins Prinzenbad (Gedrängel vor der Imbissluke, einem reicht’s: „Sterben müssen wir alle, aber ick lass mir nich jerne drängeln.“) – und abschließend in die Hasenschänke (Einen Pott Kaffee oder ein kaltes Bier mitten im Grünen, was braucht man mehr zum Glücklichsein – und da ist dann selbst der Berliner ausnahmsweise mal voller Lob: „Kannste nich meckern.“)
Verena: Eine Nachtfahrt durch Berlin – immer absprungbereit sich ins Getümmel zu stürzen… vom Ku’damm bis zur Frankfurter Allee und über Treptow nach Wannsee zurück und wenn Sommer ist wird noch gebadet.

 

Kurzer Test: Was bedeutet JWD?
Lucia: Damit ist alles gemeint, was jenseits vom eigenen Kiez liegt. Man sollte immer gut abwägen, eine Einladung dorthin anzunehmen –  falls wirklich alles stimmt: Leute, Musik, Essen, Nachtbusverbindung, kann man es durchaus einmal wagen. Grundsätzlich ist es aber besser, im eigenen Kiez zu bleiben und JWD zu meiden.
Verena: JanzWeitDraussen – da wo ich wohne eben

 

Der Kiez oder das Kiez?
Lucia: Kiezhausen
Verena: MEIN Kiez – darauf kommt es doch an.

 

Eine Begegnung, die du nie vergisst:
Lucia: Ein ganz normaler Samstagnachmittag irgendwo in Berlin. Auf einmal geht ein Fenster im ersten Stock über mir auf und ein Mann im Unterhemd beugt sich raus: „Entschuldigung! Eine Frage! Ist heute Freitag oder Samstag?“
Verena: Wie mir ein junger Mann den Abend rettet.

 

Du MUSST in eine andere Stadt umziehen. Wohin?
Lucia: Vielleicht Reykyavik. Da wird es allerdings im Winter gar nicht hell… Vielleicht besser Marseille? Hmm, soll gefährlich sein… Oder Lissabon? Das wäre aber dann wirklich ganz schön weit weg…
Verena: Ich ziehe nach Marseille – rauher Charme, offenes Meer und an Stelle von Currywurst gibt’s Austern an der Bude.

 

Warum sollte jeder mal ein Stück/Konzert im Heimathafen gesehen haben?
Lucia: Amüsemang für die ganze Mischpoke!
Verena: Weils einfach schön ist – ein Wohnzimmer mit ordentlich Stuck an `er Decke.

 

Dein Lieblingsschimpfwort?
Lucia: Dieser Trottel – das war das schlimmste Schimpfwort, das meine Großmutter kannte. Es wurde selten, aber dann mit unmissverständlicher Verachtung verwendet. Das hat sich eingeprägt.
Verena: HimmelArschundZwirn – was für eine Frage!

 

Welches Kunstwerk würdest du gern besitzen?
Lucia: Ts ts – Besitz macht doch nicht schöner!
Verena: Ich suche einen Mäzen für eine Zeichnung von Fidus „Frei nach Dieffenbach“ – es würde bei mir in der Küche hängen. So lange werde ich mit dem Abdruck auf einer Postkarte vorlieb nehmen.

 

Was ist gute Kunst?
Lucia: Ihr Spezialist für Druckfedern, Zugfedern, Schenkelfedern und Drahtbiegeteile (Gutekunst Federn)
Verena: Wenn sie nicht das Ego des Künstlers nährt.

 

Dein Lieblingswort/Redewendung auf Berlinerisch?
Lucia: Kopf hoch, auch wenn der Hals dreckig ist.
Verena: Mach Ballett, Mutti!

 

Was sollte jeder in seinem Leben einmal getan haben?
Lucia: In die S-Bahn steigen, an der Endstation aussteigen, nach dem nächsten See fragen, durch den Wald laufen, bis zum See, rein ins Wasser, rausschwimmen, immer weiter, bis das Ufer ganz miniklein ist.
Verena: Lieben.

 

Wann eröffnet der BER?
Lucia: Der WER?
Verena: Ooooh, das hat Zeit – so lange plagen mich keine Flugrouten über dem Schlafzimmer.

 

Mit welcher Berliner Persönlichkeit (tot oder lebendig) würdest du gerne mal einen trinken gehen?
Lucia: Christoph Schlingensief, Mascha Kaléko, Joachim Ringelnatz, Rio Reiser – vielleicht aber nicht mit allen auf einmal. Oder vielleicht doch?
Verena: Mit Franz Hessel durch Berlin spazieren oder mit Anita Berber tanzen gehen, aber trinken…?

 

Ein Pinguin mit einem Sombrero kommt in den Heimathafen und sagt:
Lucia: „Wat’n ? Den hab ich mir nicht gekauft –  das war ein Abschiedsgeschenk von den Jungs aus Mexiko!“
Verena: Hola chicas! (Er kann noch nicht besser spanisch)

 

Wenn wir dich zuhause besuchen, was würdest du für uns kochen?
Lucia: Dieses Wochenende? Dann natürlich Spargel!
Verena: Kommt gerne vorbei – es gibt Chicorée Chicken!

 

Wovor hast du Angst?
Lucia: Vor den Autotüren, wenn ich mit dem Fahrrad auf der Karl-Marx-Straße fahre – zum Glück ist hier ja jetzt für die nächsten Jahre Baustelle!
Verena: Vor der vollkommenen Technisierung.

 

Wann hast du zuletzt etwas Neues ausprobiert und was war das?
Lucia: Ich habe einen Swing-Tanzkurs gemacht. Nun ja, ich konnte nicht sehr oft in den Spiegel vor uns gucken, weil ich mich so auf meine Füße konzentrieren musste – aber ich schätze, genau das hat kein so gutes Bild abgegeben! Jetzt überlege ich gerade mit Synchronschwimmen anzufangen.
Verena: Irgendeine Süßigkeit im Bananenblatt auf der Thai-Wiese im Preussenpark.

 

Was sollte niemand von dir wissen?
Lucia: Keine Geheimnisse!
Verena: Alles.

 

Welche Frage hätten wir dir stellen sollen?
Lucia: Wie, was, das war’s schon? Wollt ihr etwa gar nicht wissen, wie wir die 111 Berliner ausgewählt haben? Das ist doch unsere Lieblingsfrage…
Verena: Was ich an dem Buch „Fragebogen“ von Max Frisch schätze.

 

Das letzte Wort:
Lucia: Nu is aba jut.
Verena: Dafür sind andere zuständig.